Nachhaltige Gastronomie in den Schweizer Jugendherbergen

Die Schweizer Jugendherbergen setzen sich für ein zukunftsfähiges, gastronomisches Angebot ein.

Nachhaltigkeit ist für die Schweizer Jugendherbergen (SJH) seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema. Mit dem Gastronomieangebot «Yoummi» haben sie bereits im Frühjahr 2022 ihre Gastronomie nachhaltig ausgerichtet. Die Schweizer Jugendherbergen leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Umwelt und das Klima, sondern haben sich auch zum Ziel gesetzt, ihre Gäste zu sensibilisieren und sie zu einer klimafreundlicheren Menüwahl zu animieren.

Als eines der ersten Unternehmen haben die Schweizer Jugendherbergen die Charta für die Zukunft mit ihren rund 50 Hostels unterzeichnet und gehören damit zu den Pionieren, die sich zu einem klimafreundlichen, gesundheitsfördernden und genussvollen Angebot verpflichten.

Sophie Frei, Leiterin der healthy3-Initiative und Mit-Initiantin der Charta hat sich mit Thomas Unger, Director Operations, stellvertretender CEO und ehem. Business Manager Food & Beverage der Schweizer Jugendherbergen, unterhalten:

Sophie: Wo steht ihr heute? Konntet ihr die Gäste in den Jugendherbergen mit «Yoummi» erreichen und für eine nachhaltige Menüwahl begeistern?

Thomas: Wir evaluieren monatlich, ob unsere Gäste mit unserem kulinarischen Angebot und den Mahlzeiten in den Jugendherbergen zufrieden sind. Mit Freude können wir feststellen, dass die Zufriedenheit kontinuierlich steigt, obwohl sie bereits auf hohem Niveau ist. Dieser positive Trend ist unter anderem auf die Umgestaltung unseres Frühstückangebotes im April 2022 zurückzuführen: Wir reagieren laufend auf die sich verändernden Gästebedürfnisse und haben beispielsweise vegane Produkte hinzugefügt und das Angebot neu präsentiert. Unser Ziel ist, dass alle Gäste bei uns ein genussvolles Esserlebnis haben – seien es Veganer*innen, Vegetarier*innen, Allergiker*innen oder Fleischliebhaber*innen.

Jährlich generieren die Schweizer Jugendherbergen rund 750’000 Logiernächte (Stand 2022). Das Frühstücksbuffet ist im Übernachtungspreis inbegriffen und wird bei der Buchung automatisch hinzugefügt. Etwa 40% der Gäste buchen Halbpension.

Sophie: Wie wird «Yoummi» in den verschiedenen Jugendherbergen umgesetzt?

Thomas: Seit der Einführung von «Yoummi» ist das gastronomische Angebot überwiegend vegetarisch. Das heisst, die Basis ist immer vegetarisch oder vegan und wir bieten nur noch jeden dritten Tag Gerichte mit Fleisch an. Vier Mal pro Jahr plane ich die saisonalen Menüs. Dabei lege ich grossen Wert darauf, dass die Gerichte auch von ungelernten Köchinnen und Köchen zubereitet werden können. Der Menüplan stellt eine grosse Erleichterung für unsere Betriebe dar, da er ihnen die Planung abnimmt und sie bei den Einkäufen unterstützt. Das Angebot kann von den Hostels angepasst werden, z.B. bei grösseren Gruppen oder bei weniger Gästen, unter anderem um Food Waste zu vermeiden.

Vor der Einführung des neuen Speiseangebotes wurden alle Hostel-Manager*innen sowie Köchinnen und Köche geschult und durften an Kochkursen teilnehmen. Heute werden die Hostels je nach Bedarf betreut und die Mitarbeitenden vor Ort beraten.

Sophie: Im Sommer 2023 habt ihr euch dazu entschieden, die Charta für ein klimafreundliches, gesundheitsförderndes und genussvolles Angebot in der Gastronomie  als eine der ersten Schweizer Unternehmen zu unterzeichnen. Warum?

Thomas: Die Schweizer Jugendherbergen haben die Charta aus den folgenden Gründen unterzeichnet:

  • Nachhaltigkeitsverpflichtung: Den Jugendherbergen ist es wichtig, auch im Bereich Verpflegung einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit zu leisten. Mit der Charta konnten wir uns schriftlich dazu verpflichten. Zudem ist es uns ein Anliegen, gleichgesinnte Projekte zu unterstützen und den Austausch mit anderen Gastronom*innen zu nutzen.
  • Gesundheit und Wohlbefinden: «Yoummi» fördert eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Die Jugendherbergen sind sich der Bedeutung von gesunden Mahlzeiten für das Wohlbefinden ihrer Gäste bewusst und setzen diese Prinzipien in ihrer Gastronomie um. Die Charta unterstützt diesen Aspekt ebenfalls.
  • Erwartungen der Gäste: Reisende suchen zunehmend nach klima- und umweltfreundlichen Mahlzeiten, auch bei ihrem Aufenthalt in einer Jugendherberge. Mit «Yoummi» erfüllen die Jugendherbergen diese Erwartungen der Gäste und bieten ihnen ein attraktiveres Angebot. Mit der Unterzeichnung der Charta wird dies untermauert und wir verpflichten uns offiziell dazu.
  • Vorbildwirkung: Als eines der ersten Schweizer Unternehmen, das die Charta unterzeichnet hat, setzen die Jugendherbergen ein wichtiges Signal für andere Unternehmen in der Branche.

Insgesamt ermöglicht die Unterzeichnung der Charta den Schweizer Jugendherbergen, ihre gastronomischen Angebote zu verbessern, einen relevanten Beitrag für die Umwelt zu leisten, die Gesundheit der Gäste zu fördern und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Branche und die Gesellschaft auszuüben.

Sophie: Mit der Unterzeichnung der Charta erklären sich Gastronomiebetriebe u.a. dazu bereit, sich für ein attraktives und grosszügiges, vegetarisches und veganes Angebot einzusetzen und die Portionengrössen von Fleischgerichten zu hinterfragen und anzupassen. Welche Erfahrungen habt ihr in diesen Bereichen gemacht?

Thomas: Es wird immer Gäste geben, die lieber ein Steak oder ein anderes Gericht hätten, das nicht auf unserer Speisekarte steht. Das ist in Ordnung und wird auch weiterhin vorkommen. Unser Ziel ist jedoch, die Mehrheit unserer Gäste mit ausgewogenen, abwechslungsreichen Mahlzeiten anzusprechen und gleichzeitig den Fleischliebhaber*innen eine erstklassige Alternative zu bieten. Bei fleischhaltigen Aufläufen, Saucen oder Mischgerichten, wie zum Beispiel «Gehacktes & Hörnli» haben wir den Fleischanteil reduziert und den Gemüseanteil erhöht. Als Zielwert pro Portion nehmen wir 100 Gramm Fleisch.

Sophie: Welche Anreize (Nudges) haben bei euch in den Jugendherbergen gewirkt?

Bis jetzt haben wir mit folgenden Anreizen gute Erfahrungen gemacht:

  • Auf unserem Menüplan steht das vegane / vegetarische Gericht an erster Stelle.
  • Auf den Fotos unserer Menüs sind keine Fleischgerichte mehr abgebildet.
  • Der Gast hat die Möglichkeit, für CHF 4.- eine Portion Fleisch nachzubestellen. Gemüse und Stärkebeilagen sind kostenfrei.
  • Am Buffet wird Fleisch als letzte Komponente auf dem Teller angerichtet.
  • Beim Frühstücksbuffet wird der Aufschnitt erst nach den Früchten, dem Brot, der Konfitüre etc. angeboten.

Sophie: Was steht als nächstes an, was sind die nächsten konkreten Schritte der Schweizer Jugendherbergen in Bezug auf die Umsetzung von «Yoummi» und der Charta?

Thomas: Ein wichtiger Punkt ist die interne Weiterbildung unserer Mitarbeitenden mit dem Fokus auf die angelernten und ungelernten Köchinnen und Köche (Quereinsteiger*innen). Dabei spielt die Kommunikation mit den Gästen eine wichtige Rolle, z.B. wenn diese Fragen zum Angebot haben oder unser Gastronomieangebot nicht auf Anhieb verstehen.

Ausserdem möchten wir in Zusammenarbeit mit unseren Hostel Manager*innen herausfinden, welche vegetarischen und veganen Gerichte zu den Highlights gehören, damit diese und Abwandlungen daraus, auch in anderen Jugendherbergen angeboten werden können. Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt, wie sich Angebot und Nachfrage von vegetarischen und veganen Gerichten in der Gastronomie in Zukunft entwickeln werden.

Sophie: Wir danken dir für das offene Gespräch und dem ganzen Team der Schweizer Jugendherbergen für euer Engagement!

Fotos: Tamer Karaoglu (Thomas Unger); Jochem de Jong (Food)